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Datum: 26.08.2015

Zwischen Verzauberung und Riesengaudi

Kurzer Rückblick Grenzegang 2015

Verzauberung

 und Riesengaudi

Grenzegang 2015: Ein Fest zwischen blau-rot-gelber Verzauberung und Riesengaudi, ein Fest der Rekorde und als historisches Fest im 21. Jahrhundert definitiv angekommen.

Mit einem Festzug, der "schöner ist als beim Hessentag", "in einer wunderschön geschmückten Stadt", so eine auswärtiger Zuschauerin. Mächtige Fahrzeuge, die kaum durch die Ziegengasse kamen, prächtige Kostüme wie die der Amönauer, eine fahrende Burg Mellnau, Trachten wie die aus Wollmar, Musikkapellen und Spielmannszüge für´r Ohr und auch für´s Auge und natürlich die beeindruckenden historischen Kostüme der Stadtgeschichte boten den 4000 Zuschauern an der Straße 1 1/2 Stunden beste Unterhaltung.

 Besonders stolz sind wir auf die engagierte Beteiligung der Partnergemeinden aus Oostrozebeke, Reinsdorf und Deutschkreutz, die nicht nur in den Umzügen und bei den Weckrufen aufspielten, sondern auch im Festzelt die Bombenstimmung anheizten. Die Oktoberfestgruppe "Münchner Zwietracht" war von der Laustärke der Peitschenknaller dermaßen beeindruckt, sie luden die Läufer gleich zum Oktoberfest ein.

Rekordtemperaturen und Rekordzuschauerbeteiligung sorgten auf dem Frühstücksplatz am Samstag dafür, dass weitere 60 Sitzbänke nachgestellt werden mussten. Alle Reserven aufgebraucht. Morgens hatten die ca. 5000 Wanderer auf der Ostgrenze eine unfreiwillige Dusche bekommen, mittags die Sauna und nachmittags zog es 400 Verrückte zum freiwilligen Schlammbad durch die Wetschaft. Der jüngste Durchquerer, ein Säugling im Kinderwagen, hat seinen Rekord jedoch verschlafen; der älteste, Helmut Jesberg, 80 Jahre, hat dieses Jahr als einziger schon zum 6. Mal den Lückenschluss der Stadtgrenze erschwommen. In 1980 hatten sich er, Wolfgang Reinel, Dieter Diehl und Ludwig Heinrich Wallhäuser spontan des ordentlichen Schließens der Grenze verpflichtet gefühlt und waren das erste Mal mit Klamotten durch die Bach. Mittlerweile ist es Kult und eine Riesengaudi, mit Bollerwagen, Fahnen, Hunden, Kindern und Schuhen durch die aufgewühlte Brühe zu gehen.

Abgesichert von einem 10-köpfigen “Baywatch-Rescue-Team” wurden alle sicher durchs Wasser geleitet, mit einer Gummibootfähre wurden Rucksäcke, Schuhe und Kinder befördert und das Springen vom Beckenrand war strengstens untersagt.

Das Vogelbärbchen, das seit dem 17. Jahrhundert durch Hessen "wandert und sucht" hat zweifellos den Quantensprung ins 21. Jahrhundert geschafft. Regisseurin Bruno Hess peppte die bewährte Mixtur aus historischem Marktplatz, beeindruckenden Reitszenen und gefühlvollem Theater mit übermächtigen Spezialeffekten in den Gassen, am Kirchturm und der Stiftmauer auf: "Wetter brennt!" staunten die 3 x 800 Zuschauer.

Viel Applaus erntete Ecki Scherer am Ende der Vorstellungen mit seinem neuen Grenzegangslied "Wetteranus est", das Vogelbärbchen und Grenzegang in einem Ohrwurm verbindet und auch im Festzelt und auf den Frühstücksplätzen immer wieder zu hören war.

Traditionell verrückter Höhepunkt des Grenzegangsfestes war der humoristische Umzug mit diesmal 20 Motiven. Der Wahnsinn kennt keine Grenzen: Ein homosexuelles Brautpaar präsentiert "Schwiegertochter gesucht", "Kränzchengang" spendiert ein Kaffeekränzchen, die Frankenberger Str 17 besang ihren Weihnachtsbaumverkauf mit Weihnachtsliedern, die ausrangierten Grenzläufer aus Goßfelden knallten als gebrechliche Veteranen, "Baywatch" und die Feuerwehr übernahmen die obligatorische Wasserschlacht, das Festspiel puderte alles farbig mit Holi-Puder ein. Ausnahmezustand. Wie immer.

 

Besinnlichere Momente umgaben am Mittwoch das Totengedenken am Ehrenmal und am Sonntag der Festgottesdienst in der Stiftskirche und das Platzkonzert auf dem Marktplatz. Bei Kaiserwetter bescherten die volkstümlichen Töne des Musikverein Deutschkreutz und der Stadtkapelle Wetter einen gemütlich gefüllten Markplatz.

Erfreulicher Höhepunkt beim Begraben des Fests war der Dank an die amerikanischen Gäste, den ältesten lebenden Holocaustflüchtling aus Wetter, Harry Weichsel, 83 Jahre alt und an seinen Begleiter. Bewegend der minutenlange Applaus für den Grenzläufer Jens Jesberg und vor allem für die beiden ausscheidenden Läufer Holger Damm und Andreas Schmauch. Drei Mal haben sie in einem Marathon mit Knallen, Heben und Repräsentieren das Fest zu etwas Besonderem gemacht; der Applaus war Dank und Wehmut zugleich.

"Ihr seid echt bekloppt!" fasste Bürgermeister Kai-Uwe Spanka seine Überwältigung über die Leidenschaft der Organisatoren, der Bürger und der Gäste für das Grenzegangsfest zusammen. Mit den Worten des Alt-Bürgermeisters Kern "Geht in eure Häuser, schmeißt alle fremden Männer aus eure Betten und werdet wieder vernünftig!" schloss er traditionell das gelungene und friedliche Grenzegangsfest 2015.

Von links: Fanfarenbläser Günther Usinger, Michael Schwarz, Heinrich Reh, Norbert Diehl, Carmen Bamberger, Jens Jesberg, Ausschussvorsitzender Karl-Heinz Kajewski, Harry Weichsel, sein Begleiter, Bürgermeister Kai-Uwe Spanka, Holger Damm, Harald Günther, Andreas Schmauch.

Eine Videogalerie vom Fest gibt es auf Youtube als "Grenzegang Wetter 2015 (1-15)", frei verfügbare Fotoalben unter https://www.flickr.com/photos/133070868@N03/albums. Professionelle Fotos von Festspiel und Fest bei Fotograf Gerd Sycha.